Tag 13 – Tuol Sleng, Killing Fields & Königspalast

Ausgeruht in den Tag zu starten ist wichtig – deshalb habe ich ein bisschen ausgeschlafen. :) Das Frühstück in meinem Hotel (Balconitel Boutique Hotel) wurde im Restaurant auf dem Dach serviert. Es ist kein Buffet, sondern á la carte Frühstück. Ich liebe es, wenn kleinere Hotels eher ein Frühstücks-Menü als ein Frühstücks-Buffet anbieten. So werden deutlich weniger Lebensmittel verschwendet, alles wird frisch zubereitet und die Auswahl ist trotzdem gegeben. Natürlich kann man trotzdem so viel bestellen wie man möchte. Man tendiert aber eher dazu, nichts mehr zu bestellen wenn man satt ist. Am Buffet holt man sich dann eben doch nochmal das gefüllte Croissant, das soooo lecker aussah.

Das Menü schont also auch die Figur. ;)

Nach dem Frühstück habe ich auf den Weg zum sogenannten Tuol Sleng Gefängnis (auch S21) gemacht. Dazu und zu der furchtbaren Geschichte Kambodschas, die dahinter steckt, gleich mehr.

Unterwegs konnte ich noch hier und da ein paar Farbtupfer in der Stadt bewundern. Ich habe leider keinen grünen Daumen und entsprechend keine Ahnung, welche Blumen ich bewundert habe. Trotzdem waren die Blüten sehr hübsch.

Das Tuol Sleng Gefängnis ist heute ein Museum, und dient als Erinnerung an die Verbrechen, die von den Roten Khmern verübt wurden. Die Geschichte rund um die Roten Khmer greift tief und ich werde an dieser Stelle nur einen Umriss dieser geben, damit ihr versteht wofür das Museum steht. Dennoch ist der Text recht lang – Verzeihung!

Bitte beachtet, dass ich hier einige sehr schlimme Verbrechen der Roten Khmer schildere. Wenn nicht durch Bilder, so doch durch Worte. Bitte überlegt ob ihr es lesen möchtet oder nicht.

 

Die Roten Khmer

Die Roten Khmer waren eine kommunistische Guerillabewegung, die im Jahr 1975 in Kambodscha unter der Führung von Pol Pot (auch bekannt als Saloth Sar oder Bruder Nr. 1) an die Macht kamen. Die Jahre davor waren durch einen grausamen Bürgerkrieg bestimmt und als die Rothen Khmer 1975 in Phnom Penh einmarschierten wurden sie von der Bevölkerung jubelnd und singend empfangen. Zu diesem Zeitpunkt dachten die Bürger noch, dass der Bürgerkieg endlich ein Ende hatte und nun wieder bessere Zeiten warteten.

Doch schon am Nachmittag desselben Tages wurde ein Großteil der Einwohner Phnom Penhs aus ihren Häusern in kleinere Städte rund um Phnom Penh vertrieben. Die Begründung: weitere Bomben würden kommen und die Bürger seien auf dem Land sicher. Viele verließen deshalb ohne Widerstand ihre Heimat. In einer zweiten Welle wurden die Leute sogar aus den kleineren Städten noch weiter in karges, unbewohntes Gebiet verwiesen. Zu spät bemerkte man, dass eine Rückkehr in die Häuser nach Phnom Penh nie angedacht war. Wer einst studiert und gelehrt war, wurde nun zu Zwangsarbeiten auf Feldern verpflichtet. Alle Bürger sollten gleichgestellt sein – mit den Roten Khmer an der Spitze.

Schon bald wurden insbesondere Personen mit einem hohen Bildungsgrad unter Vorwänden von ihrer Familie getrennt und zurück nach Phnom Penh gelockt. So wurde Lehrern oder Professoren eine angebliche Stelle an einer Universität versprochen oder Ingenieure mit einem wertvollen, imaginären Projekt betraut. Auch Exil-Kambodschaner, die aufgrund des Bürgerkrieges in andere Länder geflüchtet waren, wurden mit Briefen bombardiert. Man bat sie um Hilfe zum Wiederaufbau ihres Heimatlandes. Viele fielen auf die Falle herein.

Bei Ankunft in Phnom Penh, erwartete die Angelockten nur die Verhaftung und die Bezichtigung des Verrats.

Half ein Anlocken nicht, so wurden Personen mit Gewalt verschleppt und von ihren Familien getrennt. In Zeiten der Roten Khmer reichte oft bereits das Tragen einer Brille, um als Studierter und somit potentieller Verräter eingestuft zu werden.

Tuol Sleng Gefängnis, S21, Phnom Penh, Geschichte Rote Khmer

Gebäude des S-21 Gefängnis. Größtenteils belassen, wie es 1979 gefunden wurde.

 

Tuol Sleng / S-21 Internierungslager

Inmitten von Phnom Penh enstand unterdessen unter General Duch das Gefängnis S-21 in der ehemaligen Grundschule mit dem Namen Tuol Sleng. Das Internierungslager war die Endstation für geschätzt 18.000 bis 20.000 Opfer zwischen 1975 und 1979. Eine genaue Zahl kann nicht genannt werden. Obwohl die Verwalter und Wärter, die unter General Duch dienten, penibel Buch führten, konnten vor dem Einmarsch der erlösenden vietnamesischen Truppen etliche Akten vernichtet werden. Das unvollständige Archiv beherbergt über 12.000 Akten – jede Akte ein Menschenleben.

Die Gefangen wurden in den ehemaligen Klassenräumen einquartiert, welche teils durch Bretter und Steinwände in kleinere Zellen unterteilt wurden. Höher gestellte Gefangene, wie ehemalige Anhänger der Partei der Roten Khmer, wurden in Einzelzellen von nur etwa 2 Quadratmetern untergebracht. Viele andere wurden teils zu sechst oder acht durch eine Stange an den Füßen zusammengekettet und kamen gemeinsam mit circa 60 anderen Personen in einer größere Zelle.

Unter den schlimmsten Bedingungen mussten die Gefangen hier Tage, Wochen, Monate oder sogar Jahre ausharren. Viele wurden gefoltert, einige bis zum Tod.

General Duch stellte strenge Regeln auf, an welche sich sowohl Mitarbeiter als auch Gefangene halten mussten. Tod durch Folter war nicht das Ziel des Generals und Wärter, die dies nicht beachteten, wurden oft selbst zu Gefangenen. Das Ziel der Inhaftierung und Folter war die Entlockung eines Geständnisses. Sobald ein Geständnis des Verrats ausgesprochen und unterzeichnet wurde, beorderte General Duch die Hinrichtung. Das die Opfer nach Tagen und Wochen der Folter alles gesagt hätten, was die Roten Khmer hören wollten, war dem General egal.

Foltermethoden beinhalteten unter anderem Waterboarding, die Anwendung von Säuren und das Einführen von Parasiten in den Körper, das Einsetzen von Werkzeugen wie Zangen und Hammer sowie das Aufhängen am Galgen über Kopf bis zur Bewusstlosigkeit.

Nur 7 Menschen von geschätzt 20.000 überlebten die Zeit im S-21 Gefängnis. Einige davon waren Künstler, die auserwählt wurden um Gemälde von Pol Pot und General Duch anzufertigen. Lediglich 3 davon, sind noch heute am Leben und Zeitzeugen der grauenvollen Geschehnisse unter den Roten Khmern.

Tuol Sleng Gefängnis, S21, Phnom Penh, Geschichte Rote Khmer

 

Was aus Pol Pot und General Duch wurde

Pol Pot, Anführer der Roten Khmer, konnte kurz vor dem Einmarch der Vietnamesen fliehen. Jahrelang lebte er in einem sicheren Lager in Thailand, an der Grenze zu Kambodscha und spielte noch immer eine wichtige Rolle in der Führung der Roten Khmer, die auch nach 1979 noch als politische Partei bestand. Der Hass gegen die Vietnamesen verband Pol Pot mit der chinesischen und amerikanischen Regierung, die teils eine schützende Hand auf die Roten Khmer und Pol Pot hatten und damit in den ersten Jahren auch die für Kambodscha so wichtigen Hilfsleistungen vereitelten. Erst 1997, fast 20 Jahre nach den furchtbaren Verbrechen an seinem eigenen Volk, wurde Pol Pot des Mordes an einem Politker und seiner Familie angeklagt. In diesem Schauprozess ging es nur um diesen Mord, nicht um den Völkermord, den er iniziiert hatte.

1998, als schließlich bekannt wurde, dass er des Verbrechens an der Menschlichkeit angeklagt werden sollte, wurde er tot in seinem Bett gefunden. Pol Pot wurde, anders als die vielen jungen Menschen, deren Leben er geraubt hatte, etwa 70 Jahre alt. Sein Leichnam wurde unter einem Haufen Müll, mitsamt seinen irdischen Besitztümern ohne große Zeremonie verbrannt.

General Duch, der das Gefängnis S-21 angeführt hatte, konnte ebenfalls fliehen. Er lebte jahrelang in Thailand und China und arbeitete teils weiterhin unter Pol Pot. Schließlich änderte er seinen Namen und konvertierte in den späten 90ern zum Christentum. Seine wahre Identität wurde erkannt und er kehrte 1998 nach Kambodscha zurück. Es sollte noch Jahre dauern, bis er schließlich im Jahre 2007 des Verbrechens an der Menschlichkeit angeklagt wurde. Im Rahmen des Verfahrens wurde er in das ehemalige Internierungslager S-21 gebracht, wo er unter Tränen zusammenbrach und um Vergebung bat. Seit 2009 sitzt Duch seine Strafe im Gefängnis ab und wird wohl zu seinen Lebtagen kein freier Mann mehr sein.

Tuol Sleng Gefängnis, S21, Phnom Penh, Geschichte Rote Khmer

Das Museum

Der Eintritt in das Museum kostet 5 USD – mit Audio Guide 8 USD. Die „echten“ Führer waren leider alle belegt, so dass ich den Audio-Führer wählte. Ganz ohne Führung ist der Besuch nicht empfehlenswert, da dann viele Informationen und Einblicke in die Geschichte fehlen.

Die Bilder und Aufnahmen und der Anblick der Zellen, Fotos und Foltergeräte ist teils sehr erschreckend und bewegend. Diese Zeit in der Geschichte Kambodschas ist jedoch sehr wichtig, um das Land und seine Entwicklung zu verstehen. Wenn man sich den Besuch zutraut, sollte man ihn unbedingt machen.

Das Fotografieren und Filmen in den Räumlichkeiten ist aus Respekt den Opfern gegenüber nicht gestattet. Obwohl es einige dennoch getan haben, wollte ich mich an die Regeln halten. Deshalb kann ich keine weiteren Einblicke geben. Ich hoffe auf euer Verständnis.

 

Die Killing Fields

Wie man sich vielleicht denken kann, ist ein Grundschulgelände zu klein um die Massen an Menschen zu begraben, die aufgrund der Roten Khmer ihr Leben lassen mussten.

General Duch befahl deshalb bald nach Einführung des Gefängnisses die Hinrichtung der Gefangenen und Entledigung der Leichen an die Grenzen der Stadt zu verlagern. (Fahrt mit dem Tuk Tuk etwa 15 USD, Eintritt mit Audio Guide 6USD)

So entstanden die sogenannten Killing Fields. Sobald eine Hinrichtung befohlen wurde, wurden die Gefangenen hier her transportiert. Um keine Aufmerksamkeit zu Erregen und um eine „Verschwendung“ von Kugeln zu vermeiden wurden die meisten Opfer durch heftige Schläge auf den Schädel oder durch das Durschneiden der Kehle hingerichtet.

Babys und Kleinkinder wurden häufig so lange gegen einen Baum geschlagen, bis der Tod eintrat.

Einzelne Gräber gab es nicht. Stattdessen wurden riesige Gruben ausgehoben, in welche die Körper nach der Ermordung gestoßen wurden. Noch heute werden nach heftigen Regenfällen Knochen und Kleidungsstücke an die Oberfläche geschwemmt. Die Bäume werden heute von bunten Armbändern geziert um der vielen Kinder zu gedenken, die hier ihr so jung ihr Leben lassen mussten.

Killing Fields, Phnom Penh, Kambodscha, Baum

Die Killing Fields wurden die letzte Ruhestätte für Schätzungsweise 100.000 Opfer des Regimes. Etwa 20.000 davon allein aus dem Internierungslager S-21.

Ich hoffe, dass ihr die Zeit findet, sich ein wenig mit diesem dunklen Teil der Geschichte Kambodschas zu beschätigen.

 

Am späten Nachmittag besuchte ich dann den Königspalast mit seiner Silberpagode.

Der Königspalast, bestehend aus mehreren Gebäuden auf einem großen Gelände, dient als eine der Residenzen der Königsfamilie Kambodschas. Der Komplex mit seinen golfarbenen Gebäuden und der Silberpagode sind beeindruckend schön. Insbesondere am Abend, kurz vor Schließung, wenn die Touristenmassen schon weg sind.

Links vom Eingang gelegen befindet sich die güldene Thronhalle mit einem 59 Meter hohen Turm. Die Halle wird für wichtige Zeremonien, wie die Krönung oder Audienzen mit ausländischen Würdenträgern genutzt.

Die Silberpagode hat ihren Namen von den über 5.000 Bodenfließen aus kambodschanischem Silber, eine jede mit einem Gewicht von über 1kg.  Die Pagode beherbergt eine beeindruckende Sammlung von Gold, Diamanten und anderen Edelsteinen. Die Bodenfließen jedoch kann man kaum bewundern, da sie zum Schutz großflächig mit Teppich bedeckt sind. Die Pagode beherbergt den sogenannten Smaragd-Buddha, der aus dem 17. Jahrhundert stammt und rund 90 Kilogramm wiegt. Der Buddha ist teils aus massivem Gold gefertigt und ist mit 9.584 Edelsteinen besetzt.

Entlang von zwei Wänden des Geländes findet sich eine hunderte von Metern lange Wandmalerei, die eine Episode des indischen Epos Ramayana darstellt.

Vor dem Königspalast, am Ufer des Mekong, versammelten sich nach Feierabend Mönche und Familien um den Tag ausklingen zu lassen, zu spielen, Freunde zu treffen und leckere Sachen zu essen.

Ich genoss noch etwas die Atmosphäre und schlenderte dann langsam für meinen eigenen Tagesausklang, ins Hotel zurück.

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